Kurt Treml ist nicht mehr. Anfang August schloss unser Freund für immer die Augen. Mehr als achtzig Jahre lang war sein Leben mit dem Karl-Marx-Hof untrennbar verbunden. Als jahrzehntelanger Obmann des Mieterbeirates Karl Marx-Hof war er vielen von uns Lehrer und Vorbild. Als Nachruf seien hier Auszüge aus der Trauerrede von Gustav Posch, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Christentum und Sozialdemokratie (ACUS) und engem Freund von Kurt Treml, veröffentlicht. Wir werden dich nicht vergessen, Kurt!
Unser Freund Kurt Treml wurde am 6. August im 84. Lebensjahr plötzlich und unerwartet von dieser Welt abberufen. Der Tod kam zu ihm wie ein Freund und holte ihn im Schlaf.
Kurt Treml wurde am 22. Mai 1927 in Wien geboren. Im Alter von 3 Jahren bezog Kurt Treml mit der Familie seiner Großmutter, aus unvorstellbar desolaten Wohnverhältnissen kommend, eine Wohnung im Karl Marx – Hof. Seine Großmutter zog ihn auf, nicht etwa, weil seine Eltern gestorben waren, es war die furchtbare Not, die bewirkte, dass Eltern sich um ihre Kinder nicht richtig kümmern konnten. So wuchs Kurt auf im Karl Marx – Hof, kam in die Volksschule und alles schien im rechten Lot, bis der 12. Februar 1934 kam und mit ihm die dunkle Zeit des Faschismus in unserem Land.
Der Haß zwischen den politischen Lagern eskalierte zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Der Karl Marx-Hof war einer der Brennpunkte, und der siebenjährige Kurt Treml erlebte das hautnah mit.
Als 1938 die Hitlertruppen Österreich annektierten, war eine ihrer ersten Schandtaten, alle jüdischen Mieter aus dem Karl Marx – Hof delogieren zu lassen. Denen es nicht gelang, zu entkommen, beendeten ihren Lebensweg in den Gaskammern der Konzentrationslager. Kurt Treml war damals 11 Jahre alt. Es war für ihn völlig unverständlich, warum manche seiner Spielgefährten und ihre Eltern nun plötzlich Volksschädlinge sein sollten und auf ein Mal nicht mehr da waren.
Der 2. Weltkrieg brach los, Kurt Treml begann 1941 seine Lehrzeit als Tischler. Nach erfolgreicher Ablegung der Gesellenprüfung wurde er sofort zum Arbeitsdienst eingezogen. Wie so viele seiner Generation musste er anschließend im Alter von 17 Jahren Soldat eines Regimes werden, das er aus tiefster Seele verabscheute. Nach einigen Monaten Kriegsdienst in Frankreich wurde seine Einheit nach Russland verlegt, wo er so schwer verwundet wurde, dass ihm sein rechtes Bein amputiert werden musste. Als er 1945 mit einem Lazarettzug nach Wien zurückkehrte, hatte er sein 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Sein Schicksal erinnert an das unseres Heimatlandes. Geschlagen an Leib und Seele, mittellos und mit Wunden, die erst zu vernarben begannen, aber mit unbeirrbaren Glauben an die Zukunft und den unbeugsamen Willen, an der Gestaltung einer besseren Welt mitzuarbeiten.
Lieber Kurt, so nehmen wir nun Abschied von dir. Wir wissen aber, dass wir dich nicht verloren haben. In unseren Herzen und in unserer Erinnerung wirst du weiterleben. Bei allem Schmerz und bei aller Trauer wollen wir nicht vergessen, dankbar zu sein. Dankbar dafür, dass es dich gab. An all das Gute, das du getan hast, werden wir uns erinnern. Und so wirst du immer, wenn wir von dir sprechen, unter uns sein.
Foto: (c) Gustav Posch